Zum Hintergrund

Ein Blick zurück in die jüngere Vergangenheit Herbst 2016 bis Herbst 2018

Eine Untersuchung der alten Ziegel der denkmalgeschützten Umfriedungsmauer der Herberge plus durch das Niedersächsisches Landesamt für Denkmalpflege bestätigte, was schon seit einiger Zeit vermutet wurde: Zumindest auf dem 73 m langen Abschnitt links vom Torbogen geht kein Weg am Rückbau vorbei. Ausgehend von diesen Rahmenbedingungen haben Lebensraum Diakonie e. V. und das Architekturbüro Esfandiary, das für die fachliche Betreuung dieses Projekts gewonnen werden konnte, einen Sanierungsplan entwickelt, der im Sommer 2017 von der unteren Denkmalschutzbehörde genehmigt wurde. Parallel wurden Gespräche mit potentiellen Partnern geführt und im Spätsommer zeichnete sich ab, dass die Arbeiten doch noch in 2017 beginnen konnten.

Bauarbeiten am Mauerwerk der HerbergePlus.

Los ging es Mitte September mit dem 73 Meter langen Mauerabschnitt „links“ vom Tor. Dank einer Kooperation mit den Bauinnungen der Kreishandwerkerschaft und der Innung des Kreises Harburg konnten bereits die alten Ziegel abgetragen werden, die frei bzw. mit Handausschachtungen zugänglich waren. Auszubildende im 2. Lehrjahr arbeiteten weitgehend ohne Maschineneinsatz, um Ziegel für Ziegel auf Wiederverwertbarkeit prüfen zu können. Unter der Anleitung von Rainer Diederichs und Jürgen Meyer vom Technologiezentrum der Handwerkskammer Braunschweig-Lüneburg-Stade begann die überörtliche Lehrlingsunterweisung auf diese Art praxisnah und nachhaltig. „Gerettete“Ziegel wurden im "Steinelager" sorgsam aufgeschichtet, restliches Material über die Firma Manzke entsorgt.

Bauarbeiten am Mauerwerk der HerbergePlus.

Da der Umgang mit historischem Material nicht standardmäßig zu den Ausbildungsinhalten gehört, erlebt dieser Ausbildungsjahrgang eine Besonderheit. Lerninhalte, die die Mauersanierung nicht abdecken, werden wie gewohnt in den Werkstätten des Technologiezentrums am Schwalbenberg vermittelt.

Bauarbeiten am Mauerwerk der HerbergePlus.

Während die Lehrlinge im Oktober 2017 in ihre Ausbildungsbetriebe im Kammerbezirk zurückkehrten, wurde die Zeit genutzt, um Erdreich abzutragen. Mit freundlicher Unterstützung der Firma B&L Baumaschinen und der Fa. Manzke konnten mit passendem Gerät rund 100 Tonnen Boden entfernt und abtransportiert werden.

Die so freigelegten Mauerreste konnten im November 2017 mit einer dritten Azubi-Gruppe bearbeitet werden. Weitere Unterstützung erhielt das Projekt durch die Mobile Einsatztruppe der Jugendbauhütte im Landkreis Stade. Hierbei handelt es sich um junge Menschen, die ihr Freiwilliges Soziales Jahr im Denkmalschutz verbringen. Weitere Einsätze in 2019 sind geplant.

Sobald die Witterung es zulässt, werden auch die 33 Bauhandwerker- Lehrlinge dieses Jahrgangs nach der Winterpause im März 2018 gruppenweise zum Benedikt zurückkehren, um dann in Wochenblöcken zu lernen, wie historisches Verblendmauerwerk im Kreuzverband gemauert werden muss. Die Mauer wird in ihrer ursprünglichen Höhe mit 1,18 m wieder aufgemauert werden. Die wiederverwendbaren Ziegel werden mit historischen Ziegeln aus anderen Rückbaumaßnahmen gemischt werden.

Die neue Mauer wird wieder ein Dach erhalten, hier werden Berufsschüler der Georg Sonnin Schule (BBS II) unterstützen und im Rahmen ihres Unterrichts Schalungen bauen, mit denen neue Betonabdeckungen gegossen werden können. Diese werden die noch vorhandenen Sandsteinabdeckungen ergänzen.

Ein Blick in die Geschichte

Jeder Lüneburger kennt es - das Gebäude für die "Herberge zur Heimat"- heute heißt sie "Herberge plus". Sie liegt am Fuße des Kalkbergs, der eigentlich ein Gipsberg ist und heute als Naturschutzgebiet innenstadtnah Spazier-, Informations- und Erholungsmöglichkeiten bietet. Immer noch ermöglicht eine kleine Aussichtsplattform wunderbare Ausblicke über Lüneburg - obwohl der Berg ursprünglich 10 mal höher war bevor der Gips hier in vorigen Jahrhunderten im großen Stil abgebaut wurde. In der Zeit zwischen 1837- 79 wurde am Fuße des Kalkbergs in der Straße "Beim Benedikt/Sülzwall" eine Kettenstrafanstalt erbaut, deren Insassen im Gipsbruch arbeiten mussten. "Den Gebäudekomplex begrenzt eine hohe Einfriedung aus über einem Findlingssockel aufgeführten Backsteinmauern mit Pfeilervorlagen und einem Bogenportal gegenüber dem Zellenflügel…"
(Böker , D. Denkmaltopographie Hansestadt Lüneburg, 2010)

Foto von alter und neuer Mauer im Vergleich

1921 endete der Gipsabbau, die Gebäude wurden zur Jugendherberge umgebaut. "Im Zuge dessen wurde die Zuchthausmauer 1931 niedergelegt und eine niedrige Einfriedungsmauer (ohne Pfeiler), möglicherweise aus geborgenen Steinen, aufgerichtet. Der Feldsteinsockel gehört wohl noch zur ursprünglichen Gestalt der Mauer."
(Prof. (apl.) Dr. Werner H. Preuß, Mitglied im Arbeitskreis Lüneburger Altstadt, 2015) : ((Foto: 1915_Beim Benedikt 1_Krüger, Franz_ Lüneburg_1928) Vgl. Lüneburgsche Anzeigen, 15.01.1931: "Von der Strafanstalt zur Jugendherberge"; LA 04.07.1931, Ulrich Werther: "Vom Zuchthaus zur Jugendherberge" mit Zeichnung; LA 29.12.1932: "Die Entwicklung der Lüneburger Jugendherberge")."

In dieser Form ist sie bis heute erhalten. "Bis 1939 wurden die Gebäude als Jugendherberge genutzt, später als Flüchtlingsquartier; seit 1968 betreibt der Herbergsverein Lüneburg e.V. (jetzt Lebensraum Diakonie e. V.) im ehemaligen Zellenflügel ein Obdachlosenheim. Trotz mehrerer nutzungsbedingter Umbaumaßnahmen stellen die Gebäude nahe dem Kalkberg noch heute ein anschauliches Beispiel eines Gefängnisbaus des 19. Jh. und ein wichtiges sozial-, bau- und stadtgeschichtliches Zeugnis dar." (Böker, D. Denkmaltopographie Hansestadt Lüneburg, 2010)
So handelt es sich bei der Herberge plus nicht nur um eine Obdachlosenunterkunft, sondern um Areale, die das Lüneburger Stadtbild zwischen Kalkberg und Altstadt prägen. Daher wurden die Gebäude einschließlich der Umfriedungsmauer unter Denkmalschutz gestellt - die Mauer ist über die Jahre durch fehlende Mauerabdeckungen, Wasser und Frost schadhaft geworden.